Im Mittelalter war Verjus ein altes Würz- und Heilmittel, dann geriet „Agraz“, wie Verjus auch genannt wird, in Vergessenheit. Nun setzt Verjus, erst vor Kurzem neu im Lebensmittel-Buch aufgenommen, zum Comeback an – in der privaten Küche wie in der (Hauben-)Gastronomie. 

Verjus ist ein echtes Allround-Produkt: Der Saft unreifer Trauben, die viele Winzer zur Qualitätsverbesserung wegschneiden, ist kalorienarm und histaminfrei – und somit ideal geeignet für Menschen mit Intoleranzen. Verjus ist milder Essig- und alkoholfreier Wein-Ersatz zugleich: Mit Mineralwasser gemischt, ist er der alkoholfreie Sommerspritzer. Verjus verfeinert aber auch fruchtig-frische Cocktails und ersetzt Zitrone in Tee- und Heißgetränken. Auch zum Kochen eignet sich Verjus perfekt: zum Marinieren von Salaten zum Beispiel, zum Verfeinern von Suppen, Soßen und Eintöpfen, zum Einlegen von Obst und Gemüse sowie zur Zubereitung von Chutneys und Grillsaucen. Verjus verleiht Geflügel, Fisch, Gegrilltem und Meeresfrüchten geschmacklich den letzten Schliff.

Geschichte

Bereits in der Antike war Verjus bekannt und als Heil- und Würzmittel eingesetzt. Hippokrates von Kos empfiehlt den Saft gegen Magenleiden. Seinen Höhepunkt erreichte der saure Saft im Mittelalter wo er an keiner Tafel fehlen durfte, wie uns Wolfram von Eschenbach in seinem Roman „Parzival“ wissen läßt. Früher Heilmittel wandelte er sich mehr und mehr zum Würzmittel und wurde zu einem unverzichtbaren Bestandteil der mittelalterlichen Küche. Durch die begrenzte Haltbar und Verfügbarkeit (Pasteurisieren war damals noch unbekannt) verschwand er mehr und mehr und wurde durch andere Säureträger wie etwa Zitrone ersetzt.

Produktion

Produziert wird Verjus Mitte Juli bis Mitte August. Die Lese erfolgt mit im Weinbau üblichen Mitteln. Da die Trauben jedoch noch sehr wenig Gewicht und Flüssigkeit haben, kommen in der Verarbeitung Verfahren aus dem Obstbau zum Einsatz, um die Ausbeute zu maximieren. Je nach Lesezeitpunkt lässt sich so saurer und etwas süßerer Verjus produzieren. Die Auswahl der Sorte spielt eine eher untergeordnete Rolle. Um die Trübungen und den Weinsteinausfall zu minimieren wird der fertige Verjus meist kühl zwischen gelagert und erst dann in Flaschen gefüllt. Eine der größten Herausforderungen in der Produktion ist der Pflanzenschutz, da Verjus mitten in der im Weinbau üblichen Spritzperiode geerntet wird. Die naheliegende Option, für die Verjus Produktion einfach Trauben zu verwenden, die im Zuge der Ertragsreduktion ohendies von den Weinstöcken geschnitten werden fällt damit in Weinbaurieden weg. Was bleibt ist den Pflanzenschutz auf die Verjus Ernte abzustimmen und das gesamte Traubenmaterial eines Weingartens für Verjus zu verwenden, oder den Garten biodynamisch zu bewirtschaften. Da jedoch auch biologischer Weinbau nicht ohne Pflanzenschutz auskommt (Kupfer+Schwefel) müssen auch diese Trauben vor der Verarbeitung gewaschen werden.  Diese spezielle Arbeitsweise und das geringe Gewicht des verwendeten Traubenmaterials zum Lesezeitpunkt rechtfertigen den vergleichsweise hohen Preis von Verjus.

Verwendung

Verjus wird als Säureträger überall dort eingesetzt, wo eine frische, fruchtbetonte Säure ohne all zu viel Eigengeschmack erwünscht ist. Im Gegensatz zu Essig oder Zitrone überdeckt Verjus den Geschmack von Speisen und Getränken nicht, sondern stützt diesen sogar. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von Suppen, Sossen, Vorspeisen oder Salate über Einleggemüse bis hin zu erfrischenden Durstlöschern und Mixgetränken. Für Antialkoholiker bietet sich Verjus als Ersatz für Wein in diversen Gerichten an. Ein besonderes Einsatzgebiet ist der Reformbereich, in dem Verjus als histaminfreie und kalorienarme Essigalternative geschätzt wird.